HUBER.HUBER

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huber.huber and the authors

IMAGINE 80 000 000 Tränen für die Menschen auf der Flucht

Ausstellungsort: Universitätskirche Marburg, Reitgasse 3, 35037 Marburg D

Banner "IMAGINE" 7 x 2 Meter, ca. 300 Gefässe, Wasser & Salz
Masse variabel

Eine Installation des Schweizer Künstlerduos huber.huber, 30.01.-13.04.2022, Universitätskirche Marburg.

Ein weiß verhangenes Kreuz mit dem Schriftzug IMAGINE, dazu unzählige offene Gefäße, die sich über den ganzen Kirchenraum verteilen – es ist ein ungewohnter Eindruck, der Sie als Besuchende der Universitätskirche derzeit empfängt. Er lädt nicht nur dazu ein, den Kirchenraum anders zu erleben und neu zu entdecken, sondern sich auch mit der eigenen Empathiefähigkeit auseinanderzusetzen.

Wie bereits der Titel der Installation deutlich macht, ist die Situation von derzeit mehr als 80 Millio- nen Geflüchteten weltweit das zentrale Thema. Würde man für jeden dieser Menschen auch nur eine einzige Träne weinen, seien das unvorstellbare 120 000 Liter, so die Künstler. Für den Auftakt der Ausstellung im Rahmen eines Liturgy Specific Art-Gottesdienstes haben huber.huber die Gefäße
mit „Tränen“ (Wasser und 0,9 % Salz) gefüllt. Für die Dauer der Ausstellung befinden sich – aufgrund denkmalpflegerischer Vorgaben – Wassertropfen aus Glas an Stelle des Wassers, die dessen symbolische Funktion der Tränen übernehmen. Das starke Bild bleibt bestehen: „Sammle meine Tränen in deinem Krug“, so heißt es auch in Psalm 56. Die Anordnung der Gefäße erinnert dabei an Stillleben, womit die Künstler sich auf eine jahrhundertealte Tradition in der Malerei beziehen, in der Gefäße eine wichtige Rolle spielten. Bemerkenswert ist zudem, dass die Gefäße im Zuge einer Sammelaktion von Marburger Bürger*innen in die Kirche gebracht wurden; dadurch weist die Installation in ihrem Entstehen auch ein partizipatives Element auf.

IMAGINE, „stell dir“ oder „stellt euch vor“, fordert uns das Banner auf, das bis auf die Schrift rein weiß ist und im Altarraum zu schweben scheint. Wie eine weiße Leinwand oder ein noch unbeschriebenes Blatt lädt es zur Imagination ein: Einerseits dazu, sich das riesige Ausmaß des Leids, das mit Flucht verbunden ist, präsent zu machen, andererseits aber auch, Visionen zu entwickeln. Vielleicht von einer anderen Welt, wie sie sich John Lennon und Yoko Ono in dem Song „Imagine“ (1971) erhoff- ten: „Imagine all the people / Living life in peace…“ Denn wenn genügend Menschen sich etwas er- träumen, können Visionen Realität werden: „You may say I‘m a dreamer / But I‘m not the only one / I hope someday you‘ll join us / And the world will live as one“.

Das Künstlerduo huber.huber appelliert mit einer subtilen und zugleich sehr eindrücklichen Sprache an unsere Empathie: Wir werden daran erinnert, wie wichtig es ist, mitzuleiden und Anteil zu nehmen, gerade in Zeiten, in denen sich, z.B. in den sogenannten Sozialen Medien, die Empathie so schnell zu verflüchtigen scheint – geradezu verdunstet, wie eine Flüssigkeit in einem Gefäß, auf das man nicht genügend Acht gegeben hat. Daher gilt es achtsam zu sein, empathisch am Schicksal Geflüchteten Anteil zu nehmen und, nach Möglichkeit, sogar selbst ins Handeln zu kommen – dies ist eine mögliche Lesart der Installation.

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