HUBER.HUBER
Copyright 2024
huber.huber and the authors
Paarkunst
Galerie Luciano Fasciati
06.03.10 - 17.04.10
Künstler / Artists: Gabriela Gerber & Lukas Bardill, Arno Hassler und Daniela Keiser, Christine & Irene Hohenbüchler, huber.huber Petra Elena Köhle & Nicolas Vermot Petit-Outhenin, Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger, wiedemann/mettler, Isabelle Krieg
«Paarkunst» nimmt den 100. Geburtstag der Künstlerin Anny Vonzun zum Anlass, mit zeitgenössischen Positionen von Künstlerpaaren an das Schaffen des Bündner Künstlerehepaars Anny Vonzun (1910-1990) und Leonhard Meisser (1902-1977) anzuknüpfen. Während Leonhard Meisser und Anny Vonzun zwar als künstlerisch verwandtes Paar arbeiteten, aber in ihrer Motivwahl eigene Wege beschritten, stellt ,Paarkunst' Künstlerpaare vor, die unter gemeinsamen Namen oder in engster Zusammenarbeit Kunstwerke entwickeln und realisieren.
«Paarkunst» zeigt sieben in unserer Zeit tätige Künstlerpaare. Hier geraten neben Liebespaaren auch Geschwisterpaare in die Ausstellung. Die Frage stellt sich, inwieweit diese Paare der jüngeren Generation andere Strategien und Intentionen verfolgen als seinerzeit Leonhard Meisser und Anny Vonzun.
Die Ausstellung spannt, in anregender und spannender Weise den Bogen zur zeitgenössischen Kunst. Als Gast hat Luciano Fasciati Isabelle Krieg mit dem ausgewählten Werk «Hinz und Kunz'» (2009) eingeladen. Isabelle Krieg stellt in diesem Werk zwei Einkaufswagen einander gegenüber, wobei die Kettenanhänger zum Auslösen der eingelegten Münze ständig im Kreis schwingen - mal synchron, mal asynchron. Diese Arbeit stellt ein «bewegtes» Sinnbild dar, in dem sich die Idee von «Paarkunst» verkörpert. Diese Wagen im Dialog empfangen die Besucher beim Eingang zur Ausstellung. Sie verweisen auf die Bedeutung des Dialogs - nicht nur zwischen Künstlern - und erinnern an die schöpferische Wechselwirkung als Ausdruck einer idealen Kommunikation.
«Die seit den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts vermehrt aufkommende Gemeinschaftsarbeit zweier Künstler entspringt als Phänomen nicht so sehr der Verweigerung von Originalität und Genialität oder dem Drängen nach Kollektivität. Das Künstlerpaar erklärt vielmehr die Vormachtstellung der romantischen Figur des Genies und des einsamen Kunstschaffenden in der Kunstgeschichte für unzulänglich und widerlegt sie durch die Form der gemeinsamen Kunstpraxis. Das Geheimnis wird bleiben, wer von beiden die ‚linke obere Ecke' gemalt hat.
Dieser Paradigmenwechsel gründet in der Tatsache, dass an die Stelle grosser Monologe fortan Dialoge treten, dass Autorität und Hierarchie ersetzt werden durch die Erschliessung eines offenen Raumes, der ein Miteinander statt ein Gegeneinander der einzelnen Sicht- und Denkweisen ermöglicht. So kann das Verständnis füreinander wachsen und neue, ungewohnte Erkenntnisse können den Arbeitsprozess befruchten. Die unterschiedlichen Meinungen und Vorstellungen sind gleichsam der Rohstoff, mit dem das Künstlerpaar an einem Gemeinschaftswerk arbeitet. Das gelingt selbst dann, wenn die völlige Übereinstimmung nicht zustande kommt, und vollzieht sich nach einem ebenso einfachen wie erfolgreichen Prinzip: Wenn ich die Welt ‚mit deinen Augen' sehe und du die Welt ‚mit meinen Augen' siehst, werden wir beide etwas erkennen, das wir allein niemals entdeckt hätten.»
«Paarkunst» aus dem Essay von Paolo Bianchi ‚Phänomen Paarkunst. Über die partnerschaftliche Gemeinschaftsarbeit am gleichen Kunstwerk'
Publikation
Der Band «Paarkunst, Anny Vonzun zum 100. Geburtstag», bildet zusammen mit «Anny Vonzun 1910-1990» (ISBN 978-3-85997-035-9) eine Doppelpublikation anlässlich des 100. Geburtstags von Anny Vonzun. Er begleitet die gleichnamige Ausstellung in der Galerie Luciano Fasciati.
Paolo Bianchi thematisiert in seinem Essay das «Phänomen Künstlerpaar» und die partnerschaftliche «Beziehungskunst» am selben Werk. Dieser schöpferische Dialog steht immer im Spannungsfeld aktueller Konstruktionen von Männlichkeit und Weiblichkeit. Darauf reagieren die patriarchale und die feministische Kunstgeschichte sehr unterschiedlich. Der Essay entwirft neue Herangehensweisen, Kriterien und Werte für die Wahrnehmung von ‚Paarkunst'.
Kathleen Bühler und Fanni Fetzer loten die individuellen Paarkuns-Varianten aus in Gesprächen mit den Künstlerpaaren Gabriela Gerber / Lukas Bardill, Christine & Irene Hohenbüchler, huber.huber, Arno Hassler und Daniela Keiser, Petra Elena Köhle & Nicolas Vermot Petit-Outhenin und wiedemann/mettler.
Das Fotografenpaar Jojakim Cortis & Adrian Sonderegger inszenierten die Künstlerinnen und Künstler in Fotoporträts.
Paarkunst
Anny Vonzun zum 100. Geburtstag
Einem Essay von Paolo Bianchi und Gesprächen von Kathleen Bühler und Fanni Fetzer.
Mit Werken von Gabriela Gerber / Lukas Bardill, Christine & Irene Hohenbüchler, huber.huber, Arno Hassler und Daniela Keiser, eine Zusammenarbeit, Petra Elena Köhle & Nicolas Vermot Petit-Outhenin, Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger, wiedemann/mettler und als Gast: Isabelle Krieg.
Herausgeberin: Stiftung Leonhard Meisser und Anny Vonzun, Chur
Konzeption und Gestaltung: Pascale Wiedemann, Zürich
Porträtfotos: Jojakim Cortis & Adrian Sonderegger, Zürich
Redaktion und Lektorat: Sabine Kronenberg, Basel
Druck: Graphische Anstalt J. E. Wolfensberger AG, Birmensdorf
Bindung: Buchbinderei Burkhardt AG, Mönchaltorf
Edition Luciano Fasciati, Chur
ISBN 978-3-9523239-2-2 (Doppelpublikation)