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huber.huber and the authors

Last Exit Eden
Permanente Kunstausstellung Santa Maria

Künstler*innen: Denise Bertschi, huber.huber, Andreas Weber, Pascal Lampert, Christine Camenisch und Johannes Vetsch, Nicole Dunn, Marianne Engel, Filip Haag, Isabelle Krieg, Tim Krohn, Vera Malamud

Die Ausstellung LAST EXIT EDEN zeigt Kunst aus der Natur heraus. Kunst aus dem Gedanken der Vielfalt, der Nachhaltigkeit und der Rückbesinnung des Menschen auf seinen biologischen Kern. Der Ausstellungstitel symbolisiert die bedrohte Intaktheit des Natur- und Lebensraums Val Müstair. Gezeigt werden Arbeiten von Schweizer Kunstschaffenden, die sich längere Zeit im Tal aufgehalten haben oder hier leben und die die Leitgedanken des regionalen Naturparks Biosfera Val Müstair und des UNESCO- Biosphärenreservats Engiadina Val Müstair in Kunst umsetzen.

Die Aargauerin Denise Bertschi etwa hat ein vierteiliges Postkarten-Set entwickelt, „Ova Spin“, das camoufliert an diversen Orten in der Val Müstair auftauchen wird. Die Fotografien spielen mit Repräsentation von Landschaft: Was als Berge von harmonischer Schönheit erscheint, sind in Wahrheit Betonsperren, die in den Zwischenkriegsjahren als militärische Abwehr im „Reduit“-Gedanken gebaut wurden. Christine Camenisch und Johannes Vetsch aus Basel untersuchen in ihren Videoarbeiten Chaverna und Am kleinen Fluss eine der Urgewalten des Gebirges, das Wasser. Nicole Dunn aus Valchava erforscht den Zauber der kleinsten Dinge, ihre Werke entstehen aus Rosenblättern, Kornblumen oder Bienenwachs. Während die Etzwiler Künstlerin und Bäuerin Marianne Engel unter dem Titel Kaltes Licht und die Wesenhaftigkeit der Dinge ein wohl fünfhundertjähriges Gewölbe mit geisterhaftem Leben erfüllt, spielt der Berner Filip Haag mit einer uralten Tradition: Er malt mit Engadiner Kalk aus der Brennerei Sur En ein Fresko auf die Fassade des vierhundertjährigen Stalls Plaz d’Ora 17.

Die Flüchtigkeit des Seins, den steten Wandel, Ankunft und Abschied sprechen viele der gezeigten Arbeiten an. Das Zwillingspaar Reto und Markus Huber (Zürich) etwa hat unter dem Titel «Die Zerbrechlichkeit des Daseins»

aus Kerzenresten, Brennholz, Töpferwaren und einem Hirschgeweih einen mystisch anmutenden Altar der Vergänglichkeit errichtet. Die gebürtige Fribourgerin Isabelle Krieg verwandelt mit einer sich stetig wandelnden Wachsinstallation einen urtümlichen Wiesenkeller zur Gedenkstätte für Umweltzerstörung und Gletscherschmelze.

Auch die Arbeit des in Santa Maria lebenden Pascal Lampert ist schmerzlich aktuell: In einem laufenden Prozess dokumentiert er eine der jüngsten Umweltsünden, die Zerstörung des in der Schweiz geschützten Rombachs durch den Bau eines Kraftwerks im Vinschgau. Vera Malamud wiederum, ebenfalls aus Santa Maria, erinnert im früheren Pferdestall der Chasa Parli mit Kreidezeichnungen und Zitaten an die Tiere, die unter oft unwürdigen Umständen den Menschen dienten.

Ganz der Erinnerung verpflichtet ist die Arbeit des gebürtigen Glarners Andreas Weber: Im Chor der ausgestorbenen Vögel hat er die Stimmen inzwischen ausgestorbener Tiere zu einer Klanginstallation verdichtet: Die Rufe von Wachtelkönig, Haubenlerche, Rotschenkel und Schwarzstirnwürger mischen sich im Hof der Plaz d’Ora 17 mit jenen der Rauch- und Mehlschwalben, die – noch – im alten Gebälk nisten.

Die Ausstellung läuft seit dem 25. Juli 2020 mit den ersten Exponaten und wird während einiger Jahre natürlich wachsen. Gewisse Werke werden auch wieder verschwinden, die «Zerbrechlichkeit des Daseins» wird auf allen Ebenen durchgespielt. Um die Werke zeigen zu können, wurden die historischen Ställe Plaz d’Ora 12a und Plaz d’Ora 17 in Zusammenarbeit mit der Stiftung Baustelle Denkmal im alten Stil restauriert.

Die Ausstellung ist nicht saisonabhängig, sondern das ganze Jahr hindurch geöffnet, in unbeheizten Räumlichkeiten und draussen. Das Spiel der Natur und der Jahreszeiten, das gegenseitige Durchdringen von Innen- und Aussenraum, ist Bestandteil des Konzepts.

Die Ausstellung ist täglich von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Das Betreten der Gelände erfolgt auf eigene Gefahr. Gutes Schuhwerk wird empfohlen.

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Die Zerbrechlichkeit des Daseins (2020)

Hirschgeweih auf Trophäenbrett, abgebrannte Kerzen ca. 110 Stück, 140 x 120 x 80 cm, 5 Blumenvasen Keramik, Perlenkette, weiss glasiert

Die BesucherInnen entdecken beim Rundgang ein riesiges Hirschgeweih mit abgebrannten Kerzen. Ein Bild der Vergänglichkeit, das mit seinem Verweis auf verschiedene Heiligenlegenden Bezug zum Kloster St. Johann nimmt. Die Umgebung und deren Flora und Fauna manifestieren sich sowohl im prächtigen Hirschgeweih als auch in den Wiesenblumensträussen in den im Raum stehenden Vasen. Fingerabdrücke auf den Vasen verweisen die auf den Menschen, der seine Spuren hinterlässt und dann irgendwann verschwindet. Sofern die Blumen von den Bewohnerinnen und Bewohnern der Chasa Parli nicht ersetzt werden, welken sie und verlieren an Schönheit, zeigen aber auch das Faszinierende der stetigen Transformation. Mit dem Neubestücken der Vasen widerspiegeln sich in der Installation die Jahreszeiten. Die Installation ergänzt eine übergrosse Perlenkette, klassisches Vanitassymbol von Schönheit und Vergänglichkeit. Es sind 59 weisse Perlen wie in einem Rosenkranz. Die Blumen bilden zusammen mit dem Geweih und der Perlenkette ein begehbares Vanitasbild.

Eine Installation der Vergänglichkeit oder Zerbrechlichkeit des Daseins. Ein Verweis auf Vergangenheit und Zukunft – auch auf die der uralten Chasa Parli.

Reto und Markus Huber leben und arbeiten in Zürich.


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